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Lanzarote – ein Wunder der Natur mit künstlerischem Finish

Die Vulkaninsel im Atlantik will mit den Händen ertastet, mit den Augen vermessen und mit den Füssen durchschritten werden. Ihre raue, skurrile Schönheit wurde erschaffen vom unablässigen Wind, dem aufgewühlten Wasser und einem in der Tiefe brodelnden Feuer. Es ist ein Eiland für alle Sinne, wo die Stimmung wie das Wetter abrupt umschlägt, um hinter der nächsten Wegbiegung sogleich wieder um Versöhnung zu bitten.

Die Wege sind kurz und die Wechsel zwischen romantischen spanischen Städtchen und Dörfern und kraftvoller, ungezähmter Natur zahlreich, überraschend und faszinierend. Tritt man aus der Windstille der engen Gassen, wird aus dem Säuseln des Windes bald ein Pfeifen und Reissen, aus dem Rascheln der Palmblätter schnell ein Rauschen und aus dem Schwappen der Wellen im Nu ein Donnern.

Reisebericht wurde Imbach Reisen zur Verfügung gestellt

13. November 2023

Zwei Visionäre

Angetan von dieser Kraft und den Kontrasten war auch der berühmteste Sohn der Insel, César Manrique, ohne den sie nicht wäre, was sie heute ist: eine nahezu heile Welt fast ohne Bau- und Umweltsünden. Eine lebendige Erinnerung daran, wie schön und ursprünglich eine Landschaft sein kann ohne Spekulanten und Geschäftemacher.

Der 1919 geborene Künstler Manrique war in der Welt herumgekommen, bevor er in den frühen 1970er Jahren auf seine Heimatinsel zurückkehrte mit einem geschärften Auge für Schönheit und einem unverrückbaren Fokus auf das, was am Ende wirklich zählt. Manrique hatte die Vision, seine Heimat zum schönsten Flecken auf Erden zu machen, und fand einen Mitstreiter in Pepín Ramírez Cerdá, einem Freund aus Jugendtagen, der unterdessen Präsident der Inselregierung geworden war. Die beiden waren fest entschlossen, die Auswüchse des Massentourismus, wie sie die spanischen Küsten verschandelten, von Lanzarote fernzuhalten.

Die Inselbewohner auf ihre Seite zu bringen, war nicht schwer. Denn auch ihnen missfielen im Grunde die Pläne für megalomane Hotelburgen und schnurgerade Autobahnschneisen, die inselfremde Bauherrschaften hegten. Medienwirksam stellten sie sich mit Manrique an der Spitze den Baggern in den Weg, die für Vorarbeiten aufgefahren waren. Von da an ging Lanzarote seinen eigenen Weg: Die Höhe der Häuser ist seither gesetzlich auf zwei Stockwerke beschränkt, die Dächer müssen flach und die Fassadenfarbe weiss sein, so wie es seit Jahrhunderten auf der Insel üblich war.

Die perfekt geteerten Strassen winden sich heute elegant wie glänzende Schlangen durch die mattschwarzen Schollen der groben Lavafelder. In engen Serpentinen schlängeln sie sich Kraterwände hoch und geben den Blick frei auf eine Landschaft voller kleiner schwarzer Felder, durchsetzt von Palmen, gesprenkelt mit Schafen und Ziegen und punktiert von weissen Wohnkuben. Keine einzige Werbetafel verstellt den Blick auf die spektakuläre, weitläufige und ständig ändernde Szenerie. Da reiht sich Vulkankegel an Vulkankegel, schwarze Flanken gehen in Rot, Gelb und schliesslich Weiss über, je nach Mineral- und Erzgehalt. Dazwischen spriessen zarte Gräser und Dornensträucher.

Feinfühlig und mutig

Manrique war jedoch nicht nur ein konservativer Verhinderer im guten Sinn, sondern auch ein kreativer Erschaffer. Die 60 mal 30 Kilometer grosse Insel diente ihm dabei als eigentliche Freilichtgalerie. Die Inspirationen, die er während seiner Studien- und Wanderjahre in Europa und Amerika in sich aufnahm, reichten von der Avantgarde der 50er Jahre, über den Expressionismus à la Jackson Pollock und Steven Rothko bis zur Pop Art von Andy Warhol und der kinetischen Kunst aus rezykliertem Material, wie sie Jean Tinguely schuf.

Seine zum Teil monumentalen, zum Teil kindlich verspielten beweglichen Skulpturen stehen und drehen sich auf Wegkreuzungen und Verkehrskreiseln oder weisen den Weg zu Naturwundern, die er durch feinfühlige und zugleich mutige Eingriffe in umwerfende Erlebnisräume verwandelt hat: An einem Ort hat er teils unterirdisch, teils offen liegende Lavahöhlen inklusive See in einen Konzertsaal mit Bars, Restaurants, einem Swimmingpool und Lounge-Terrassen ausgebaut. Einige Kilometer weiter schwebt auf dem höchsten Kliff der Insel ein schlicht-elegantes Aussichtsrestaurant 600 Meter über dem Meer und gibt den Blick frei auf die zumeist unbewohnten nördlichsten fünf Kanaren-Eilande. Einen alten Steinbruch hat er in einen Kakteengarten verwandelt mit Tausenden Exemplaren aus der ganzen Welt. Und als wäre dies nicht genug, hat er der Nachwelt mit seinen Wohnhäusern zwei Schatztruhen hinterlassen voller künstlerischer und architektonischer Preziosen.

Juwelen im Sand

Apropos Preziosen: Vor genau 200 Jahren ereigneten sich im Südwesten der Insel die letzten grossen Vulkanausbrüche. Die heisse Lava brachte Zerstörung und Leid – 420 Häuser und viel fruchtbares Land wurden unter den glühenden Strömen begraben -, doch sie förderte auch den Halbedelstein Olivin an die Erdoberfläche. Wer heute barfuss den Vulkanstränden entlangschlendert, dem kleben deshalb nicht nur die kleinen Kiesel wie schwarzer, glänzender Kaviar an den Füssen, sondern ab und an auch ein kleiner hellgrüner Olivin. Die Olivin-Halsketten und -Armbänder in den Läden und an den Marktständen der Insel sind allerdings aus Malaysia, auf Lanzarote ist jeglicher Abbau und Export von Steinen untersagt. Die Lanzaroteños wissen, was sie an ihrer Insel haben, und sie sind sich bewusst, dass es diese Schönheit zu schützen gilt – auch den kleinsten Stein.

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