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Zypern, mediterranes Glück

Nach dem verletzungsbedingten Ende ihrer Ballettkarriere packte Ismini Karapanou ihre Koffer und tauchte in eine andere Welt ein: Ins Inselleben auf Zypern, das sie Besuchern als Wanderreiseleiterin näher bringt.
Erschienen in «Reisen am Wochenende» vom 23. Oktober 2021
Erfasst von Stefanie Schnelli

16. November 2021

Mit den ersten Regentropfen nach dem langen, heissen Sommer in Zypern kommt er zurück, dieser bestimmte, würzige Duft der Erde. Die Hügel an der Küste werden grüner, der trockene Boden beginnt wieder zu leben. Es ist die Zeit, in der Ismini Karapanou ihre Wanderschuhe aus dem Schrank holt und zu Fuss loszieht. Durch ihre Heimatstadt Limassol, der felsigen Küste entlang, ins Troodos-Gebirge. Jahrelang hat sie täglich die Satinbänder ihrer Ballett-Schuhe geschnürt. Heute trägt sie statt Tutu und feinen Spitzenschuhen solide Hosen und klobige Wanderboots. Ismini Karapanou war früher Ballerina, tanzte in der Deutschen Oper Berlin und am Aalto-Theater in Essen. Klassische Musik, die Bühne und das Ballett waren ihre Welt. Bis alles ganz anders kam. «Ich bekam Probleme mit der Hüfte und musste mich komplett neu orientieren», erzählt sie am Telefon. Nach einer Umschulung begann sie im Reisebüro ihres Bruders mitzuarbeiten, in Dresen, wo die beiden aufgewachsen sind. «Aber acht Stunden Training gegen acht Stunden im Büro zu tauschen, war nicht leicht.» Ihr Bewegungsdrang war ausgeprägt, ihre Trauer, nicht mehr tanzen zu können, gross. «Da hatte mein Bruder die Idee, dass ich im Sommer seine Gäste auf Zypern betreuen könnte.» Das war 1994.

Kostenproben direkt vom Baum

Was als vorübergehender Tapetenwechsel gedacht war, wurde zu ihrem neuen Leben. Zwar gab es keine Sprachbarriere – Ismini Karapanous Eltern stammen aus Griechenland – der Anfang war trotzdem harzig: «Plötzlich in einer viel kleineren Stadt mit weniger Kultur zu leben, war schon speziell. Zudem hat Zypern im Frühling, Herbst und Winter ein sehr angenehmes Klima, aber im Sommer ist es etwa 40 Grad heiss. Das war für mich der Horror», sagt sie. Geholfen habe ihr die Arbeit, in die sie sich kopfüber stürzte. Auf den Rundreisen hat sie mit den Gästen die Insel kennengelernt, die sie mit ihrer Schönheit schnell in Bann zog. «Die Natur auf Zypern ist zauberhaft. Die Küste ist wunderschön, die Berge sind eindrücklich und im Landesinneren findet man authentische, alte Dörfer.» Bald schon kam die Idee, Wanderreisen zu organisieren. Damit deckt Ismini Karapanou zwei ihrer Bedürfnisse ab: Den Gästen authentische Ferien zu ermöglichen, die sie mit allen Sinnen geniessen können, und für sich selbst ihren Bewegungsdrang zu stillen. Seit 2014 leitet sie für den Schweizer Wanderferien-Spezialisten Imbach Wanderreisen auf Zypern. «Ich habe eine neue Leidenschaft gefunden», sagt sie, «vor allem die Botanik hat es mir angetan.» Wochenlang ist sie mit dicken Botanikbüchern neben dem Bett eingeschlafen. «Je mehr ich verstand, desto mehr hat mich die Pflanzenwelt hier gefesselt.» Diese Faszination möchte sie auch den Reisenden mitgeben. «Zypern hat fruchtbaren Boden und es wachsen viele endemische Arten. Wann immer möglich, kosten wir direkt von den Bäumen: Orangen, Weissdorn, die kleinen Früchte des Erdbeerbaums, Mandeln, Trauben – je nach Jahreszeit.» Am liebsten wäre es Ismini, wenn ihre Gäste alles probieren würden. Verköstigungen und der Besuch von lokalen Produzenten sind darum immer Teil des Programms. «Im Bergdorf Agros wird in Familienbetrieben Rosenwasser, Marmelade, Johannisbrotsirup oder die Süssigkeits Soutzoukos hergestellt. Wir können zusehen, wie die Frauen arbeiten und wie sie auf flachen Stühlen nahe am Boden sitzen, so, wie es schon ihre Urgrossmütter getan haben.»

Kunst unter Scheunendächern

Mit dieser reichen kulinarischen Tradition, ist klar, wird auch den Mahlzeiten viel Zeit eingeräumt. In den kleinen, traditionellen Lokalen werden Mezze aufgetischt – ein Querschnitt durch Zyperns Küche, in bis zu 16 Gängen serviert. Lauter kleine Teller mit Salaten, Halloumi-Käse, Oliven, Fleisch, Gemüse, Brot. Zum Abschluss wird meist ein Zivania, ein zypriotischer Grappa, serviert. «Den grössten Teil der Wanderungen machen wir meist vor dem Mittagessen», sagt die Wanderleiterin und lacht. Allgemein seien die Wanderungen auf Zypern eher moderat. So bleibt Zeit, um unterwegs viel zu entdecken und zu erleben. «Nachmittags sehen wir uns Dörfer und Klöster an oder besuchen eine der wunderschönen Scheunendach-Kirchen. Sie stammen zum Teil aus dem 12. Jahrhundert, versteckte Kleinode in den Bergen. Vor den uralten Wandmalereien zu stehen macht schon ehrfürchtig.» Ismini, die inzwischen 27 Jahre auf Zypern lebt, erzählt ihren Gästen gerne auch vom Alltag auf der Insel, von Hochzeiten, der Schule oder alten Bräuchen. Und bevor es zurück ins Hotel geht, wird eine kleine, freiwillige Stretching-Runde eingelegt: «Ein bisschen Ballett muss schon noch sein.»

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