Meine Reiseplanung für das laufende Jahr war eigentlich abgeschlossen, als der Newsletter von Imbach eintraf und ich dort auf das Angebot im Périgord stiess. Die Beschreibung und vor allem die Fotos machten mir schnell klar, dort muss ich hin!
verfasst von Gabi Bucher, IMBACH Kundin
17. Oktober 2025
1. Tag: Vichy vaut le détour
Diesmal wähle ich den Einstieg in Baden Rütihof und stürze mich ins Gewühl einer Sonntagmorgenabfahrt. Unglaublich, wie viele Busse um 8.00 Uhr an wie viele Destinationen abfahren wollen und scheinbar auch können. Anfänglich ist nicht ganz klar, welches unser Bus ist, da steht einer mit «Wandern im französischen Jura». Vielleicht will Twerenbold erst schauen, ob sich diese Périgord-Reise lohnt, bevor die Anschrift eingeführt wird? Aber sehr positiv ist, dass wir uns nicht wie eigentlich erwartet in einen kleinen Bus zwängen müssen. Sogar die Rucksäcke haben ihren eigenen Sitzplatz im komfortablen Gefährt, das für uns bereitsteht. Dass uns dies noch die eine oder andere Überraschung bereiten würde im Lauf der Woche, wissen wir nicht und freuen uns einfach über den Komfort, durchaus angebracht für eine so lange Reise. Begleitet werden wir von Esther Portmann, Senior Produkt Managerin und Stv. GL bei Imbach. Da es sich um eine neue Reise handelt, will sie sich selbst ein Bild machen und auch die lokale Wanderleiterin Karin Denzler unterstützen, für welche es ebenfalls der erste Imbach-Einsatz ist. Wir unsererseits, die meisten nicht neu bei Imbach, seien eine Art Versuchskaninchen, erklärt uns Esther, das beeindruckt uns nicht weiter und kann ja durchaus spannend sein!
Das Hotel in Vichy, unserem Zwischenhalt auf der Reise ins Périgord, liegt sehr zentral, in ein paar Schritten ist man an der herrlichen Promenade entlang des Bassins de l’Allier und im Quartier der früheren Bäder. Unglaublich, was diese Stadt zu bieten hat an wunderschönen Gebäuden und Plätzen; die Quellenhalle, das Thermalbad, die hufeisenförmige Passage beim Musikkiosk, wo man einfach unbedingt ein erstes Apéro nehmen muss, die Wasserspiele beim Palais des Congrès, das alte Karussell. Einige der Gebäude werden zwar teilweise gerade renoviert, oder bedürften einer Renovation, aber sehenswert sind sie allemal. Der Zwischenhalt in Vichy hat sich durchaus gelohnt und es gäbe noch so einiges zu sehen dort.
2. Tag: Aux berges de la Vézère
Wir verlassen Vichy, fahren Richtung Süden und treffen in Montignac auf Wanderleiterin Karin, die seit 8 Jahren im Périgord wohnt. Der Dorfrundgang verläuft schon beinahe chaotisch, die Fotografen sind kaum zu halten, man läuft sich gegenseitig vor die Linse, schiebt sich beiseite, aber diese Gassen, die Kalkstein-Häuser mit ihrem warmen Gelb, die hellblauen Fensterläden, die Glyzinien! In der «Aux berges de la Vézère» – ein raffiniertes Wortspiel - mit Blick auf die Vézère essen wir zum ersten und wie sich im Laufe der Woche zeigt nicht zum letzten Mal Ente und lernen uns langsam gegenseitig kennen. Danach geht’s nach Lascaux IV, wo sich die exakte Nachbildung der berühmten Lascaux Höhle mit den prähistorischen Felsmalereien und -gravuren befindet. Ein sehr sympathischer junger Mann mit einem sehr sympathischen Akzent – «Sie müssen die Örer über beide Öhren ziehen» – führt uns mit viel Enthusiasmus durch die exakt nachgestellte Höhle. «Kommen Sie mit mir» sagt er immer wieder in einem fast verschwörerischen Unterton. Wäre ich etwas jünger, ziemlich viel jünger, ich würde ihm überall hin folgen!
Dann geht’s weiter Richtung Meyrals, unserem Ziel für die Woche. Wobei «Richtung» vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist, denn für unseren grossen Bus gibt’s spezielle Richtungen, die wenig zu tun haben mit dem direkten Weg zum Hotel. Uns geht’s zwar gut in unserer Luxuskarosse, aber Chauffeur Antonio schwitzt. Nicht wenige Strassen im Périgord sind für so grosse und schwere Busse kaum oder überhaupt nicht befahrbar. Am Ende des Tages – und des Weges – sind wir alle froh, es gemeinsam geschafft zu haben. Das letzte Stück Strasse zum Hotel hat’s wirklich in sich! Dafür liegt die Hotelanlage idyllisch mitten im Grünen.
3. Tag: In Vino hilaritas
Der Nebel hängt noch in der Gegend und erzeugt ein mystisches Licht. Wir wandern entlang der Vézère, die Farben sind unglaublich, der Wald märchenhaft, als würde gleich Merlin angeritten kommen. Schlanke Baumstämme biegen sich in alle Richtungen, überall hat es Moos, Flechten und Farne. Am Mittag gibt’s einmal mehr Ente, diesmal im Salat, es mussten wohl einige ihre Federn lassen für uns. Dann geht’s weiter zur Tropfsteinhöhle, dem «Gouffre de Proumeyssac». Auch hier begleitet uns ein junger, aufgestellter und engagierter Guide, allerdings nicht ganz zu vergleichen mit Lascaux, weder die Höhle noch der Guide. Eindrückliche Gebilde hängen von den Wänden, es tropft ab und zu, die Technik holpert leicht, aber ein Besuch lohnt sich trotzdem. Und dass danach noch Brunos Weinkeller aus Martin Walkers Krimis angehängt wird, ist verständlich, befindet er sich doch in unmittelbarer Nähe der Höhlen. Der Laden allein mit seinen über 50 Whiskey-Sorten und über 6000 verschiedenen Weinen ist einen Besuch wert. Die Degustation fällt ziemlich grosszügig aus, was wohl dazu beiträgt, dass auf der Heimfahrt die Farben im Abendlicht noch intensiver scheinen und die Stimmung noch etwas gelöster ist.
4. Tag: Wo Burgen sich erheben
Die Sonne hat ein paar Wolken organisiert, um ihren Aufgang besser zu inszenieren. Koch und Hotelier Mickaël muss noch schnell unsere Sandwiches «filmen», übersetzt «in Folie einpacken», dann fahren wir los. Im Morgennebel wandern wir der Dordogne entlang durch Eschen-Ahorn Bäume, Bambuswälder und taufeuchte Felder mit wahren Kunstwerken von Spinnweben. In Beynac gelangen wir über steile Kopfsteinpflaster hinauf zur imposanten Burg mit der nicht weniger imposanten Aussicht. Nach dem Picknick geht’s weiter nach La Roque-Gageac, dort fahren wir mit einer Gabarre, einem ehemaligen Warentransport-Boot mit wenig Tiefgang die Dordogne rauf und runter, wieder mit einem aufgestellten, jungen Guide, aber natürlich einmal mehr nicht vergleichbar, Sie wissen schon…
5. Tag: Vari-été im Weinberg
Wären wir 5 Minuten früher losgefahren, hätten wir auf der schmalen Strasse ins Tal den Schulbus angetroffen. Keiner will sich das vorstellen, und doch tut es jeder. Unterwegs überlegt sich der Nebel eine Tagesstrategie, muss sich aber mit der Sonne ein Duell liefern, das er schlussendlich verliert. Unser Rundgang führt durch rot-gelb glühende Weinberge, vorbei an bellenden Hunden direkt in den Garten des Restaurants des lokalen Weingutes ‘Vari‘. Der Weinbauer stellt uns seine Weine vor, die nachfolgende Degustation fällt einmal mehr grosszügig aus. Der Rosé «Vari-été» hat es uns besonders angetan. Es geht hoch her und der Weinbauer will nicht glauben, dass wir uns vor dieser Reise nicht bereits alle gekannt haben. Die gute Stimmung hilft beim anschliessenden Ausflug in die Niederungen der Touristik in Bergerac. Statt uns einen Überblick über die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu verschaffen, kurvt das Touristenzügli drei Mal am Hôtel de Ville vorbei, um sich dann ratternd und spuckend durch relativ nichtssagende Wohngegenden an der Dordogne zu kämpfen. Die Gruppe nimmts mit Humor, und teilweise auch mit einer gehörigen Portion Auspuffgas. «So nicht», meinen alle, inklusive Reiseleiterin Karin, die sich entschuldigt, diesen einen Punkt nicht selbst getestet zu haben. Aber so können wir unserem Status «Versuchskaninchen» gerecht werden und entscheiden einstimmig: Dieser Programmpunkt muss raus!
6. Tag: Den Vorfahren nachfahren
Heute seien wir prähistorisch unterwegs, erklärt uns Karin. Wir besichtigen das noch verschlafene St. Léon-sur-Vézère, bevor wir die Vézere überqueren und durch den lichtdurchfluteten Wald dem Fluss entlangwandern. Auch heute wieder dieses umwerfende Licht im Laub, auf dem samtbraunen Wasser, die Spiegelungen, die kleinen Nebelschwaden, die über dem Fluss vor sich hindampfen. Man formiert sich immer wieder neu in der Gruppe, unterhält sich bestens mit allen über alles und nichts. Zum Abschluss des Tages besichtigen wir den Roque Saint-Christophe, diesen 80m hohen und 1km langen, vom Fluss ausgewaschenen Felsen. Die natürlichen Halbhöhlen wurden schon im Jungpaläolithikum von Menschen bewohnt. Imposant und kaum vorstellbar, dass unsere Vorfahren mal so gelebt haben.
Wir sind früh zu Hause, einige baden, ein paar genehmigen sich einen Apéro auf der Terrasse des Restaurants, es ist unglaublich friedlich, zwei rote Heissluftballons hängen im glasklaren Himmel und dazu diese Ruhe, die kaum zu beschreiben ist!
7. Tag: Eloquente Elodie
Die Sonne geht gerade auf und die Hirsche röhren im nahegelegenen Wald, was für ein Erwachen. Heute steht Sarlat auf dem Programm, dort erwartet uns Elodie, die lokale Stadtführerin und führt uns in die verwinkelten Gassen mit Bauwerken aus dem Mittelalter, der Renaissance und dem Barock. Sie schafft es nur mit Mühe, die Gruppe in Gang zu halten, eindeutig zu viele Fotosujets! In der Kirche hat sie dann aber die Aufmerksamkeit aller, als sie die Geschichte Sarlats über die Jahrhunderte ausrollt. Sie erzählt ungemein witzig, eloquent, lebendig und mit viel Herzblut, alle sind hell begeistert. Etwas aus der Zeit fällt nur der Geruch nach gebrannten Mandeln, der jedes Mal hereinweht, wenn das Kirchenportal geöffnet wird. Denn draussen in den Gassen ist Markt. Er breitet sich über die gesamte historische Altstadt aus und bietet alles, was es in der Region gibt: Trüffel, Foie Gras, Walnüsse, Gewürze, Käse und Fleischerzeugnisse aller Art. Ein unglaubliches Angebot an lokalen Spezialitäten, aber auch eine unglaubliche Menge Menschen, die sich dieses Angebot ansehen. Zurück im Hotel spendiert eine Teilnehmerin einen Apéro, weil sie die Gruppe so toll findet und sich so gut aufgehoben fühlt. Die Gruppe findet sich selber gleich auch noch ein bisschen toller und stösst sehr gerne auf sich und die Spenderin an.
8. Tag: Une Vieille Prune zum Abrunden
Heute werde es heiss, meint Karin und stellt unser Programm um. Wieder wandern wir der Dordogne entlang, wieder der Nebel, der uns eine Weile begleitet und begeistert, der lichte Wald, die Farben, man kann sich einfach nicht sattsehen. Mit der Sonne verschwinden Jacken und Pullover. Der Aufstieg nach Domme ist schon fast schweisstreibend, aber glücklicherweise relativ kurz. Ein hübsches, kleines Dorf, trotz sonnigem Sonntag nicht allzu überlaufen. Dann geht’s weiter in die Gärten von Marqueyssac hoch über dem Dordogne-Tal. Auf 6 km Spazierwegen kann man einerseits die verschiedenen Buchsbaumkreationen bewundern, andererseits wieder die Aussicht hinunter ins Tal. Der Abend endet mit einem Glas Vieille Prune, offeriert von Mickaël, Sie können sich mittlerweile ja wohl vorstellen, was das mit der Stimmung gemacht hat!
9. Tag: Drei Nussöle und zwei Schlösser
Der Horizont präsentiert sich wieder flammend rot-gelb-violett, der Mond hängt noch in den Apfelbäumen, die Rotkehlchen singen, der Pool blubbert gemütlich und türkis vor sich hin – ein Tag wie alle anderen, die wir hier verbringen durften. Von Castelnaud steigen wir hinauf zum Château und obwohl wir doch alles schon hundert Mal fotografiert haben, geht es wieder los: Zu schön die Häuser, die Blumen, die Fensterläden, die Farben, das Licht, die Burg gegen den stahlblauen Himmel. Wir umrunden den Hügel in der Nähe des Schlosses, die Aussicht ruft, Karin auch, sie möchte uns zum Nuss-Museum lotsen, aber die Fotografen folgen nur zögerlich. Der Besuch lohnt sich aber, lernt man doch, wie dort Nussöl grösstenteils noch handwerklich hergestellt wird und wie es unbehandelt, 60% oder 80% erwärmt schmeckt. Den Abschluss der Reise macht das Château Milandes, wo Josephine Baker gelebt hat. Eine relativ durchorganisierte Sache, aber der Besucherstrom muss in der Hochsaison gewaltig sein. Unbedingt erwähnt werden muss hier das Dessert «Café Gourmand», diese kleinen, verboten guten Häppchen zum Kaffee, zum Dahinschmelzen. Auch draussen in den schönen Gärten wird es langsam zum Dahinschmelzen, vielleicht ist es doch an der Zeit, dass wir nach Hause fahren, bevor es zu heiss wird, Mitte Oktober?
Rückkehr und Fazit
Am Tag der Rückkehr steht das Frühstück in vollem Umfang bereits um 6.30 Uhr bereit – Mickaël und Emmanuelle wollen nicht, dass wir die Reise gestresst angehen müssen. Zudem geben sie uns noch ein paar Croissants und Pains au Chocolat mit. Bevor wir abfahren, hält Mickaël vorne im Bus einen Karton hoch, auf dem geschrieben steht: Merci la Suisse! Ganz gerührt verlassen wie unsere kleine, familiäre Oase im Périgord.
Und so geht eine ausserordentliche Reise an einem ausserordentlichen Ort zu Ende. Karin hat uns wunderschöne Touren organisiert und ein ganz spezielles Hotel gefunden. Es ist zwar abseits und bescherte uns und dem Bus den einen oder anderen Umweg, aber dafür liegt es wirklich mitten im Grünen, wo Hirsche röhren, Rehe auf der Strasse stehen, Pferde weiden und ab und zu ein Hahn kräht. Mickaël hat uns bestens und sehr regional bekocht und ist im Lauf der Woche vom eher in sich gekehrt wirkenden Mann zu einem sehr aufmerksamen Gastgeber mit trockenem Humor und Schalk geworden, der sich gerne auch mal zu uns an den Tisch setzte.
Es war eine unglaublich schöne Reise mit viel Wetterglück und einer tollen Truppe und es war mir eine Ehre, als eines der 16 Versuchskaninchen mit dabei gewesen zu sein! Twerenbold wird nicht drum herumkommen, den Schriftzug «Périgord» anzuschaffen.