Papier
Wenn jede Schweizerin und jeder Schweizer eine Rolle Frischfaser-Haushaltpapier pro Jahr weniger braucht, müssen 14'000 Bäume weniger gefällt werden. Erfahren Sie in diesem Blog-Beitrag mehr Fakten und Zahlen zu Papier.
Verfasst von Sandra Zimmermann, Product Manager & Nachhaltigkeitsverantwortliche bei Imbach Reisen
17. Februar 2025
Unser heutiges Thema: … raschel … raschel … raschel … PAPIER !!
- Zeitschriften, Kopierpapier oder Toilettenpapier – über 40 Prozent des weltweit geschlagenen Holzes wird zu Papierprodukten verarbeitet. Deshalb hat die Papierindustrie eine Schlüsselrolle für die Zukunft unserer Wälder inne. Aber selbst wenn alle Holz- und Zellstoff-Plantagen nach FSC-Kriterien bewirtschaftet würden, könnten sie den immensen Verbrauch der Industrieländer nicht decken.
- In der Schweiz hat der Pro-Kopf-Verbrauch von Papier in den letzten Jahren gemäss Zahlen der Papierindustrie etwas abgenommen und lag 2022 bei 106 Kilogramm pro Jahr. Zum Vergleich: Der weltweite jährliche Durchschnitt im Papierverbrauch beträgt 53 Kilogramm, in Afrika sind es 8 Kilogramm.
- Eine Papierfaser lässt sich bis siebenmal rezyklieren und so in Papierprodukten weiterverwenden. Aus ökologischer Sicht und zur Schonung der natürlichen Ressourcen – Wald, Wasser aber auch Energie – ist die Produktion und der Einsatz von Recyclingpapier wichtig; ganz speziell bei Hygienepapier, das nicht mehr rezykliert werden kann.
Die Erfindung des Papiers
Obwohl es Funde aus China gibt, die auf etwa 140 v. Chr. datiert werden können, und obwohl Xu Shen bereits um 100 n. Chr. die Herstellung von Papier aus Seidenabfällen beschrieb, wird die Erfindung des Papiers offiziell Cai Lun zugeschrieben, der um 105 n. Chr. (Belegdatum der ersten Erwähnung der chinesischen Papierherstellungsmethode) ein Beamter der Behörde für Fertigung von Instrumenten und Waffen am chinesischen Kaiserhof war und erstmals das bekannte Verfahren, Papier herzustellen, beschrieb. Zu seiner Zeit gab es einen papierartigen Beschreibstoff, der aus Seidenabfällen hergestellt wurde (Chi). Diesen mischten die frühen Papiermacher vornehmlich mit Hanf, alten Lumpen und Fischernetzen und ergänzten das Material mit Baumrinde oder Bast des Maulbeerbaumes. Die chinesische Erfindung bestand vor allem in der neuartigen Zubereitung: Die gesäuberten Fasern und Faserreste wurden zerstampft, gekocht und gewässert. Anschliessend wurden einzelne Lagen mit einem Sieb abgeschöpft, getrocknet, gepresst und geglättet. Beim Schöpfen entstand am Papier eine «Schönseite», die an der dem Sieb abgewandten Seite lag, und eine «Siebseite», die am Sieb lag. Der entstehende Brei aus Pflanzenfasern lagerte sich als Vlies ab und war ein relativ homogenes Papierblatt.
Da Bast ein Material ist, das im Vergleich zum verwendeten Holz längere Fasern und dadurch eine hohe zeitliche Haltbarkeit hat, war das Papier von Cai Lun nicht nur zum Schreiben verwendbar, sondern auch für Raumdekorationen etwa in Form von Tapeten sowie Kleidungsstücken. Die Verwendung von Maulbeerbast lag nahe, da der Seidenspinner sich von den Blättern des Maulbeerbaums ernährte und somit dieses Material ein ohnehin vorhandenes Nebenprodukt aus der Seidenproduktion war. Wie alt die Verwendung von Bast ist, belegt die Gletschermumie Ötzi (ca. 3300 v. Chr.), der Kleidungsstücke aus Lindenbast trägt.
Die benötigten Zellstofffasern wurden bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Hadern gewonnen, also aus Lumpen und abgenutzten Leinentextilien. Lumpensammler und -händler versorgten die Papiermühlen mit dem Rohstoff. Lumpen waren zeitweise so begehrt und rar, dass für sie ein Exportverbot bestand, das auch mit Waffengewalt durchgesetzt wurde. In den Papiermühlen wurden die Hadern in Fetzen geschnitten, manchmal gewaschen, einem Faulungsprozess unterzogen und schliesslich in einem Stampfwerk zerfasert.
Heutige Papierproduktion
Die wichtigsten Rohstoffe für die industrielle Papierherstellung sind Holz und Altpapier. Daneben werden bestimmte Einjahrespflanzen als Rohstoffquelle genutzt. Alle cellulosehaltigen Stoffe sind grundsätzlich zur Papierherstellung geeignet, zum Beispiel Apfelschalen.
Aus den Papierrohstoffen werden die Faserstoffe (Halbstoffe) hergestellt. Zu den Primärfaserstoffen, die nur einmal oder erstmals zur Produktion eingesetzt werden, zählen Holzstoff, Halbzellstoff und Zellstoff. Der aus Altpapier hergestellte Altpapierstoff ist ein Sekundärfaserstoff (Recyclingstoff). Wie jede industrielle Produktion verbraucht auch die Papierherstellung Ressourcen. In der Diskussion stehen dabei die Themen Holz, Wasser und Energie sowie der Papierverbrauch in der Gesellschaft insgesamt.
Schauen Sie sich gerne mal dieses Video von der Luzerner Papierfabrik «Perlen Papier AG» an (die Hälfte des gedruckten Papiers der Schweiz stammt von hier).
Der Umsatz der Papierfabrik brach 2023 um ein Drittel auf 262 Millionen Franken ein, womit sich der Trend der vergangenen 15 Jahre fortsetzte. Auch im ersten Halbjahr 2024 machte die Firma ein Minus von über 30 Millionen Franken. Trotz dieser Verluste ist die «Papieri» Perlen die letzte grosse Überlebende der Schweizer Papierindustrie. Die Branche zählte im Jahr 1980 noch 30 Firmen.
Wohl jede moderne Firma will Musterschülerin in Nachhaltigkeit sein. Die Papierfabrik Perlen ist keine Ausnahme. Ihre Zahlen – nach eigenen Angaben – lassen aber staunen: 84 Prozent weniger CO2-Ausstoss seit 2013, 88 Prozent weniger Erdgasverbrauch. Im Vergleich zur Konkurrenz soll der CO2-Fussabdruck ein Viertel tiefer sein, und die Dampfenergie stammt aus der Kehrichtverbrennungsanlage Renergia nebenan. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Papierindustrie hat es bitter nötig, grün zu werden. Die Trocknung der Papierbögen frisst enorm viel Energie. Insgesamt verbraucht die Papierfabrik Perlen eineinhalbmal so viel Strom wie die Stadt Luzern. Und fast doppelt so viel wie das Stahlwerk der Swiss Steel in Emmenbrücke.
Papiersorten
Es gibt rund 3’000 Papiersorten, die nach ihrem Einsatzzweck in vier Hauptgruppen eingeteilt werden können:
- Grafisches Papier (Druck- und Schreibpapier),
- Verpackungspapier und -karton,
- Hygienepapier (z. B. Toilettenpapier, Papiertaschentücher),
- sowie die vielfältigen technischen Papiere und Spezialpapiere (z. B. Filterpapier, Zigarettenpapier, Banknotenpapier)
Rohstoff Altpapier
Altpapier (da gehören Karton und Wellpappe dazu), ist der wichtigste Rohstoff der Schweizer Papier- und Kartonindustrie. Mit dem Recycling hat die Papier- und Kartonindustrie die Kreislaufwirtschaft auf hohem Niveau verwirklicht. Die technischen Verarbeitungsmöglichkeiten und die Papierqualitäten sind laufend verbessert worden, so dass der Altpapieranteil in den verschiedensten Papier- und Kartonsorten erhöht werden konnte. Altpapier ist kein Abfall, sondern ein sinnvoller Rohstoff. Denn eine Papierfaser kann mehrere Male rezykliert werden.
In den letzten Jahren hat die Altpapiersammlung jedes Jahr neue Rekordwerte erreicht und mittlerweile die Grenze von 1,2 Mio. Tonnen überschritten. Das heisst, dass jeder Schweizer pro Jahr über 160 kg Papier sammelt.
Durch Störstoffe wie Klebstoffe, Plastikfolien, Metallklammern, Textilien, synthetische Materialien etc. werden die Kosten in der Altpapier-Verwertung immer höher. Deshalb sind recyclinggerechte Neuprodukte immer wichtiger. Die Störstoffe verursachen bei der Entsorgung via Verbrennung hohe Kosten, falls sie nicht einem anderen Recycling zugeführt werden können. Durch entsprechende Informationen an die Bevölkerung könnte die Qualität des gesammelten Altpapiers immer noch wesentlich verbessert werden. Als Folge des immer stärker geschlossenen Kreislaufs der Fasern ergibt sich bereits eine Qualitätsverschlechterung des Altpapiers. Die Fasern sind weniger frisch und widerstandsfähig. Der Reinigungsaufwand wird höher und es entsteht ein erhöhter Faserverlust, weil mehr kurze Fasern ausgeschieden werden müssen.
Altpapier sammeln und rezyklieren lohnt sich. Die Papier- und Kartonhersteller werden auch in den nächsten Jahren ihre Kapazität für die Aufbereitung von Altpapier noch leicht ausweiten. Bei gewissen Produkten wurde die technische Grenze für den Einsatz von rezyklierten Fasern allerdings erreicht. So bestehen Wellpappenrohpapiere heute schon vollständig aus Altpapier. Zeitungsdruckpapiere weisen einen Altpapiergehalt von über 80% auf. Zur Herstellung von Hygienepapier wird zunehmend Altpapier eingesetzt, wobei man auf hochwertige Sorten angewiesen ist, von denen das inländische Angebot immer noch knapp ist. Auch beim Karton und den Verpackungspapieren kann der Altpapiereinsatz nicht mehr durch eine Änderung des Fasergemischs, sondern nur noch durch eine Erhöhung der Produktionsmenge erreicht werden.
Papier oder Tablet – was ist umweltfreundlicher?
Wer eine Zeitung oder ein Buch liest, verursacht Emissionen, online ebenso wie in gedruckter Form. Eine Studie der Universität Zürich hat die Auswirkungen auf die Umwelt näher untersucht. Sie hängen vom Nutzerverhalten ab, wie die Ergebnisse zeigen.
Zugegeben: Auf der Liste der Freizeitaktivitäten mit der grössten Auswirkung auf das Klima wird das Lesen eines Buchs oder einer Zeitung nicht auf den vorderen Plätzen zu finden sein. Gemäss der Plattform «NewScientist» verursacht die Produktion eines Taschenbuchs etwa ein Kilogramm CO2-Äquivalent. Damit könnte man mit einem Verbrenner-Auto rund fünf Kilometer weit fahren. Und doch muss uns bewusst sein, dass auch Aktivitäten den Klimawandel beeinflussen, bei denen wir intuitiv keinen Zusammenhang sehen. Beim Lesen gilt das für gedruckte Texte ebenso wie für E-Reader, Smartphone oder Tablet.
Die Bereitstellung digitaler Produkte wie E-Reader oder Smartphones verursacht Treibhausgasemissionen, weil die Geräte hergestellt, betrieben und entsorgt werden müssen. Nicht zu vergessen sind für den Betrieb relevante Infrastrukturen wie Telekommunikationsnetze oder Rechenzentren, die ebenfalls zu Emissionen führen.
Werden Online-Zeitungen sehr häufig und lange gelesen, steigen die Treibhausgas-Emissionen, denn die Datenübertragung und der Betrieb des Geräts benötigen Strom. Im Gegensatz dazu spielt es bei einer Print-Ausgabe keine Rolle, wie oft oder von wie vielen Personen ein Exemplar gelesen wird – die Treibhausgasemissionen fallen lediglich bei der Herstellung und bei der Distribution an.
Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob die Print- oder die Online-Zeitung mehr Emissionen verursacht, gibt es nicht. In einer 2015 publizierten Analyse geht Greenpeace davon aus, dass im Durchschnitt die Klimaauswirkungen von Online-Ausgaben geringer sind als die von Print-Ausgaben. Wird aber eine Papierzeitung mehr als eine halbe Stunde lang oder von mehr als drei Personen gelesen, ist sie ökologischer als die elektronische Version.
Tipps wie man Papier sparen kann:
- Kleben Sie ein «Keine Werbung»-Schild an Deinen Briefkasten, um unnötige Sendungen zu vermeiden.
- Auch wenn er umweltfreundlicher als ein Plastik-Becher ist: Verzichten Sie auf einen To-Go-Becher aus Papier und verwenden Sie stattdessen einen wiederauffüllbaren Becher.
- Bringen Sie zum Einkaufen eine eigene Tasche mit und verzichten Sie auf den Papiersack.
- Geschenkpapier reduzieren oder ersetzen: Packen Sie ein Geschenk doch mal in ein Tuch, in einen Stoffbeutel oder auch in Packpapier ein, das Sie dann selber verzieren.
- Wenn doch mal etwas gedruckt werden soll: doppelseitig, evtl. sogar mehrere Seiten pro Blatt und schwarz-weiss.
- Fehldrucke als Makulatur verwenden.
- Bücher oder Zeitschriften ausleihen statt kaufen – oder nach dem Lesen zumindest weitergeben.
- Papier mit einem nachhaltigen Produkte-Label kaufen (z.B. FSC).
- Wenn möglich einen Lumpen anstatt Haushaltpapier benutzen.
- Und wen es nicht «gruused»: Anstatt Papiertaschentücher ein waschbares Stofftaschentuch verwenden. 😉
Da Papier ein wertvoller Rohstoff ist, soll es richtig entsorgt werden, damit es recycelt werden kann:
- Ins Altpapierbündel gehören Zeitungen, Zeitschriften, Briefpapier, Werbeprospekte und so weiter. Das Papier muss sauber sein, also frei von zum Beispiel Lebensmittelrückständen. Nichts zu suchen dort haben speziell beschichtete Papiere wie: Backpapier, Blumenpapier, Geschenkpapier, Suppenbeutel, Kassenzettel oder Fotobücher. Sie gehören in den Kehrichtsack.
- Ebenfalls nicht zum Altpapier gehören Papiertaschen. Damit Sie einiges an Gewicht tragen können und auch bei Nässe nicht sofort reissen, wird diesem Papier Nassfestmittel beigefügt. Das Papier löst sich daher schlecht auf und kann allenfalls sogar die Recycling-Maschine verstopfen. Deshalb müssen Papiersäcke in die Kartonsammlung.
- Trotz Plastikanteil sind Fenster-Couverts kein Problem, sofern sie nicht in grossen Mengen entsorgt werden. Der Plastik lässt sich beim Recycling leicht vom Papier trennen und aussortieren.
- Eine detaillierte Auflistung, was alles ins Altpapier und in den Karton gehört bzw. nicht, finden Sie hier.
Quellen: wikipedia.org, altpapier.ch, swissrecycle.ch, srf.ch, utopia.de, wwf.ch, statista.com, zentralplus.ch, energie-experten.ch