Das Meer und die Überfischung
Für uns Schweizer:innen ist das Meer schon einer der Inbegriffe für Ferien.
Umso wichtiger, es zu schützen und zu bewahren.
Verfasst von Sandra Zimmermann, Product Manager & Nachhaltigkeitsverantwortliche bei Imbach Reisen
09. Juli 2025
Haben Sie gewusst, dass die Hälfte des Sauerstoffs auf unserem Planeten nicht an Land, sondern in den Ozeanen produziert wird? Was weniger bekannt ist, aber genauso wichtig für uns: Ozeane sind gigantische, natürliche Kohlenstoffspeicher. An der Meeresoberfläche binden sie CO2 aus der Luft und transportieren es langsam zum Meeresgrund. Hier wird es schliesslich für tausende Jahre sicher eingelagert. Eigentlich sicher. Grundschleppnetz-Trawler schleifen kilometerlange, tonnenschwere Netze über den Meeresboden. Sie bringen so das CO2 wieder an die Oberfläche. Und das in riesigem Ausmass: Jedes Jahr setzt die Grundschleppnetz-Fischerei so viel CO2 frei wie alle Flugzeuge dieser Welt. Und sie zerstört wertvolle Unterwasserlebensräume für Jahrzehnte. In der Adria sind 70% des Meeresbodens betroffen. «Wir fischen uns eine Klimakatastrophe» - stand auf der neusten Ausgabe von OceanCare. Diese Non-Profit-Organisation mit Sitz in Wädenswil ZH setzt sich für den Schutz von Meeressäugern und deren Lebensraum ein.
«Blue Food» oder «Blaue Lebensmittel» ist ein Begriff, der von Wissenschaftlern und der Lebensmittelindustrie verwendet wird, um Lebensmittel zu bezeichnen, die aus aquatischen Lebensräumen stammen, also aus dem Meer, Flüssen, Seen und Feuchtgebieten. Dazu gehören Fisch, Meeresfrüchte, Algen und andere Wasserpflanzen. Blue Food spielt eine wichtige Rolle bei der Ernährung von Milliarden von Menschen und ist eine wichtige Nahrungsquelle für viele Küsten-, ländliche und indigene Gemeinschaften.
Der Reichtum der Meere schien lange Zeit unerschöpflich – eine Illusion, denn Fisch ist nicht in unbegrenzten Mengen vorhanden. Die weltweite Überfischung gilt heute als eine der grössten Bedrohungen für die Gesundheit der Meere und das Überleben seiner Bewohner. Schon heute sollten wir vierfünftel aller Fischbestände eher schonen, anstatt sie weiter intensiv und an der Grenze ihrer Belastbarkeit zu befischen.
Weltweit gelten über 37 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände als überfischt und 50 Prozent als maximal genutzt (Stand: Juni 2024). In den europäischen Gewässern ist die Situation nach wie vor angespannt: Obwohl laut EU-Politik bereits 2020 alle Bestände wiederhergestellt sein sollten, werden im Nord-Ost-Atlantik noch immer 32 Prozent der Fischbestände überfischt. Im Mittelmeer und im Schwarzen Meer werden zwar deutlich weniger Fischbestände überfischt als noch vor 10 Jahren (58 Prozent im Vergleich zu 85 Prozent in 2014), doch die Bestandsgrössen erholen sich dennoch kaum. Noch immer fehlen für 57 Prozent der Fischbestände die Daten über die Bestandsgrösse. In der Ostsee ist die Situation besonders dramatisch. Von acht Fischbeständen, zu denen Daten vorliegen, sind sechs Bestände ausserhalb sicherer biologischer Bestandsgrössen bzw. werden überfischt.
Im Meer spielen Fische eine zentrale Rolle im Nahrungsnetz anderer Fische und Meeressäugetiere. Die Fischerei entnimmt häufig bestimmte Arten in zu grossen Mengen und verändert dadurch die natürliche Zusammensetzung und die Dynamik des Nahrungsnetzes. Besonders begehrt sind in der Regel die grossen Fischarten, welche durch die Fischerei stark dezimiert werden. Werden sie zu selten, lohnt sich ihr Fang schliesslich nicht mehr und es werden andere Fische angepeilt, zum Beispiel jene Arten, die vorher noch die Beute der grossen Fische waren. Die Grösse der Zielfische wird so immer geringer. Dieses Phänomen wird als «Fishing down the food web» (das Nahrungsnetz von gross nach klein abfischen) beschrieben.
Kennen Sie das blaue MSC-Siegel auf Fischprodukten?
Das blaue MSC-Siegel wird nur für wildgefangenen Fisch und Meeresfrüchte aus Fischereien vergeben, die nach dem MSC-Umweltstandard zertifiziert sind, der eine Reihe von Anforderungen an eine nachhaltige Fischerei stellt. Fischprodukte, die das blaue MSC-Siegel tragen, stammen aus einer Fischerei, die von unabhängigen Dritten auf ihre Auswirkungen auf wild lebende Fischpopulationen und die Ökosysteme, zu denen sie gehören, geprüft wurde. Fisch mit MSC-Siegel wurde umweltschonend gefangen und stammt aus einem nicht überfischten Bestand.
MSC fragt: «Kann Grundschleppnetzfischerei nachhaltig sein?» Hier lest Ihr die detaillierte Antwort dazu.
Können wir Überfischung beenden, indem wir keinen Fisch mehr essen?
Im Jahr 2050 werden voraussichtlich zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben, und wir müssen unsere wertvollen Ressourcen aus dem Meer unbedingt nachhaltig nutzen. Für Millionen von Menschen in Küstengemeinden auf der ganzen Welt ist der Verzicht auf Fischfang einfach keine Option. Wenn wir unsere Fischbestände nachhaltig bewirtschaften, können sie sich auf natürliche Weise erholen und eine gesunde Bestandsgrösse behalten. Zu den Erfolgsgeschichten gehört, dass sich die Bestände des namibischen Seehechts, des Schwarzen Seehechts oder des Blauflossenthuns im Mittelmeer durch sorgfältige Bewirtschaftung wieder erholt haben. Die Forschung zeigt, dass nachhaltig bewirtschaftete Fischbestände langfristig produktiver sind, was sowohl für die Meere als auch für uns eine Win-Win-Situation darstellt. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt sind auf Meeresfrüchte als lebenswichtige Eiweissquelle und zur Sicherung ihres Lebensunterhalts angewiesen.
Was kann jede:r von uns tun, um das Meer und ihre Bewohner zu schützen?
Um das Meer zu schützen, können viele kleine Dinge im Alltag beitragen. Dazu gehören die Reduzierung von Plastikmüll, eine nachhaltige Fischerei, die Vermeidung von Chemikalien die ins Meer gelangen können, und die Unterstützung von Meeresschutzorganisationen. Auch der Schutz von Küstenlebensräumen wie Mangroven und Seegraswiesen ist wichtig.
Hier einige konkrete Tipps:
- Fisch als Delikatesse begreifen
- Auf nachhaltige Herkunft von Fisch achten (z.B. mit MSC-Siegel)
- Bedrohte Fischarten meiden (bei Unsicherheit am besten beim WWF Fischratgeber und / oder im WWF Sushi-Ratgeber nachschauen)
- Korallenfreundlicher Sonnenschutz verwenden (hier gibt es mehr Informationen dazu)
- Einwegplastik, Mikroplastik und Plastikverpackungen vermeiden
- Wasser sparen und den Abfluss von Wasser reduzieren
- Strand-Cleanup organisieren
- Wiederauffüllbare Flaschen verwenden
- Verantwortungsvolles Reisen
Quellen: oceancare.org, msc.org, wwf.de